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Dürfen Gesundheitsämter der Polizei Corona-Infizierte nennen?

Es gibt für virtuelle Besprechungen eine Fülle an Anwendungen. Wie steht es dabei um den Datenschutz? An dieser Frage hat sich in den letzten Tagen eine zum Teil sogar skurrile Kontroverse entzündet.

Die Topanbieter werfen Datenschutzzweifel auf

Wenn die Datenschützer auf Sündersuche gehen, nehmen sie zumeist zunächst Großkonzerne ins Visier, weil diese generell als Datensauger gelten. Doch es geht auch in die andere Richtung: Die Berliner Datenschutzbeauftrage Maja Smoltczyk erhielt Post von Microsoft, in welcher das Unternehmen auf der Zurücknahme einer „unrichtigen Aussage“ der Datenschützerin bestand. Das ist in der jüngsten Geschichte des bundesdeutschen Datenschutzes neu. Smoltczyk hatte Behörden und Unternehmen bei Videokonferenzen während der laufenden Kontaktbeschränkungen von der Verwendung der Microsoft Services Skype und Teams abgeraten. Diese behördliche Empfehlung wurde inzwischen aus dem Internet genommen. Darin hatte es geheißen, Videokonferenzen seien mit den Risiken des unbefugten Mithörens und Mitschneidens verbunden – eher abstrakt waren im selben Zusammenhang auch die Namen der beiden Microsoft-Dienste genannt worden. Auch die Stiftung Warentest wurde aufmerksam auf das Thema Video-Konferenz, vermutlich inspiriert durch den Vorfall.

Stiftung Warentest mit zahlreichen Angeboten zufrieden

Mit insgesamt zwölf kostenlosen Videokonferenz-Apps haben sich die Tester von Stiftung Warentest beschäftigt. Diese lassen sich beide aus dem Netz herunterladen, sind schnell installiert und bieten mit einer Übertragungsrate von zwei Megabits pro Sekunde eine in der Regel annehmbare Bild- und Tonqualität. Dazu können bei den Apps mehr als zehn Teilnehmer in den virtuellen Konferenzraum. Die Stiftung Warentest stufte fünf der gestesteten Anwendungen als „gut“ ein. Unter anderem, weil auch Seh- und Hörgeschädigte mit ihnen an Videokonferenzen teilnehmen können, gingen ausgerechnet die in die Diskussion gekommenen MS-Programme Teams und Skype als Testsieger hervor. Hier gab den Ausschlag, dass sie geschriebene Texte vorlesen und gesprochene Sprache als geschriebenen Text widergeben.

Beim Datenschutz besteht dringender Handlungsbedarf

Beim Testverfahren kamen auch datenschutzrechtliche Prüfschleifen zur Anwendung. Das Urteil lautet fast unisono, dass bei allen Testkandidaten Mängel beim Datenschutz bestehen. Elf der zwölf getesteten Anwendungen erhielten ein Minus bei der Umsetzung des Datenschutzes. Die Tester hatten insbesondere bei Skype und Teams moniert, dass die zugehörige Datenschutzerklärung „keine ernsthafte Befassung mit der DSGVO erkennen“ lasse. Und doch wird die Datensicherheit selbst bei beiden Programmen mit „gut“ beurteilt. Unabhängige Prüfer wollen inzwischen herausgefunden haben, dass zumindest Teams Nutzerdaten an Adobe und Google übertrage, die diese zu Werbezwecken nutzen könnten. Microsoft schließt aber genau das in seiner Datenschutzerklärung aus. Ein ähnlicher Verdacht betrifft übrigens den Kommunikationsdienst WhatsApp, von dem Daten an Facebook unterwegs sein sollen. Dafür fehlen allerdings bislang belastbare Beweise. Bei WhatsApp wurde verneint, die Antwort von Microsoft steht noch aus.

Wer Daten schützt, macht mehr Geschäft

Seit Covid-19 herrscht ein harter Verdrängungswettbewerb unter den Anbietern von Konferenz-Software. Erstaunlich, dass der eher kleine Anbieter Zoom dabei so gute Zahlen generiert. Die Stiftung Warentest bescheinigt ihm, sich in letzter Zeit sehr verbessert zu haben. Vor diesem Hintergrund dürfte der Umgang mit den geltenden Datenschutznormen das Zünglein an der Waage sein, das den Ausschlag über die Installation in vielen Firmen und Behördenbüros geben könnte. Dem steht der Umstand gegenüber, dass Chat-Programme mit ausgezeichneter Kompatibilität zur DSGVO deshalb nicht automatisch die gewünschten technischen Voraussetzungen bieten müssen. Dass die oberste Datenschützerin Berlins sich zu einer sehr einseitigen Äußerung hinreißen ließ, trägt in diesem Fall sicher nicht zu einer klaren Darstellung bei, die als Entscheidungsgrundlage für diejenigen taugt, die auf der Suche nach einer Video-Konferenzlösung sind.

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Hier bloggt die Redaktion Datenschutz & Datensicherheit des Verlags Mensch und Medien.