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Polizeiarbeit mit Bodycams – für Datenschützer alles andere als selbstverständlich

An dieses Bild werden wir uns erst gewöhnen müssen: Polizisten, die mit einer Kamera auf der Schulter ihren Dienst versehen. Dass es sich dabei um keine bloße Zukunftsvision handelt, zeigt das jüngste Beispiel aus Bayern.

Denn der Freistaat hat für seine Polizisten eben erst 1.400 Bodycams bestellt. Und nach einem Beschluss des Innenministeriums sollen bald auch Bundespolizisten mit einer Körperkamera auf Streife gehen. Durch diese technologische Weiterentwicklung soll eine nachhaltige Gefahrenabwehr gewährleistet werden; außerdem können polizeiliche Maßnahmen im Nachhinein überprüft werden. Was auf den ersten Blick wie eine gute Sache aussieht, bringt Datenschützer bereits seit Jahren auf den Plan. Sind Bodycams überhaupt mit dem Datenschutzrecht vereinbar?

Hat die polizeiliche Videokontrolle eine Rechtsgrundlage?

Der Einsatz von Körperkameras balanciert auf dem schmalen Grat zwischen Persönlichkeitsrechten und dem staatlichen Dienst an der Sicherheit. Vor dem Gesetz gelten Bodycams als „körpernahe Aufnahmegeräte“. Polizisten, die diese Technologie nutzen, können per Knopfdruck ihre Einsätze in Video und Ton aufzeichnen. Dutzende Pilotprojekte fanden erfolgreich in den Bundesländern statt. Hier wurden die Bodycams bei alltäglichen Routinekontrollen und Einsätzen getestet. Immer mehr Polizeistellen in ganz Deutschland rüsten nun mit Bodycams auf. Für Datenschützer ist das eine bedenkliche Entwicklung, denn es zeigt sich mehr und mehr, dass noch viele offene Fragen bestehen. Nicht immer gibt es tatsächlich eine Rechtsgrundlage für die Aufnahmen und eine technische Infrastruktur zur Auswertung und Speicherung der Daten.

Die Bundesländer handeln sehr pragmatisch

Neben der im Mai 2018 in Kraft getretenen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) gilt die Richtlinie 2016/780 (JIRL). Sie ist Teil des europäischen Datenschutzpakets und regelt die Datenverarbeitung der Polizei bei präventiven und repressiven Zielstellungen. Weil die Polizei in Eigenverantwortung der Länder geführt wird, unterliegen alle Bundesländer den aktuell geltenden Datenschutzrichtlinien. Jedoch leistet zum jetzigen Zeitpunkt gerade einmal die Hälfte der Bundesländer diesen Ansprüchen tatsächlich Folge. Im Zuge der Neuregelungen wurden auch Rechtsgrundlagen zum Einsatz der Bodycams in die Ländergesetze eingeführt und erweitert. Aber selbst die fehlende Rechtsgrundlage hielt einige Bundesländer nicht davon ab, Bodycams bereits zu bestellen, ohne vorher ein passendes Polizeigesetz zu erlassen – so geschehen in Niedersachsen. Aber auch ohne spezielle „Bodycam“- Erlaubnis sehen sich einige Bundesländer mit dem Einsatz von Bodycams durch Generalklauseln gedeckt. Die Bewertung im Einzelfall durch Datenschutzbehörden fällt oftmals zurückhaltend aus.

Zu welchen Anlässen darf die Polizei Bodycams nutzen?

Laut Polizeigesetzen sind Videoaufnahmen von Einsätzen bei öffentlichen Veranstaltungen sowie an gefährdeten Orten – das sind Plätze mit hohem Personenverkehr oder einer hohen Kriminalitätsrate – zulässig. In diesen Situationen bedarf es keiner ausdrücklichen Einwilligung der Aufgenommenen. Das stellt eine Ausnahme zum grundsätzlichen Prinzip des Einwilligungsvorbehalts der Datenerhebung dar. Wann ein Polizeibeamter die Bodycam einschalten und verwenden darf, variiert von Land zu Land. In manchen Ländern ist die durchgehende Aufnahme durch Bodycams erlaubt, andere gestatten dies nur, wenn Leib und Leben in Gefahr sind. Je nachdem, welche Aufnahmemodalität besteht, werden die Aufnahmen nach kurzer Zeit gelöscht oder zur Dokumentation und Strafverfolgung gespeichert. In manchen Bundesländern werden die Daten erst nach einer Übertragung auf den Polizeiserver gesichtet und gegebenenfalls gelöscht.

Bei der Datenspeicherung offenbart sich die Problemlage

Den auf dem Markt befindlichen Bodycams und dem damit einhergehenden technologischen Fortschritt hinkt die Verwaltungsarbeit weit hinterher. Denn die beim Polizeieinsatz gesammelten Daten müssen gemäß den geltenden Datenschutzrichtlinien gespeichert und übertragen werden. Jedoch hat noch keine Implementierung der Bodycam-Daten in die Polizeiserver aller Bundesländer stattgefunden. Diese Lücke war deutlich zu spüren, als die Öffentlichkeit erfahren hat, dass Videodateien von Polizeieinsätzen auf Amazon-Servern gespeichert wurden. „Eine andere Möglichkeit der Speicherung bestand zu dem Zeitpunkt nicht.“ Damit wird die Kontrolle über die staatlich gewonnenen Informationen auf private Unternehmen übertragen – ein Zustand, der mit den hohen Anforderungen an den Datenschutz kaum in Einklang zu bringen ist.

Resümee

Der Einsatz von Bodycams benötigt eine homogene technologische Infrastruktur, um auf einer vertretbaren Rechtsgrundlage stehen zu können. Nur so kann ein Eingriff des Staates in die informationelle Selbstbestimmung durch Videoaufnahmen ohne Einwilligung gerechtfertigt werden.

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Hier bloggt die Redaktion Datenschutz & Datensicherheit des Verlags Mensch und Medien.