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Warum mangelnder Datenschutz im Alltag oftmals eine Folge eigener Unzulänglichkeiten ist

Der eigene unsachgemäße Umgang mit persönlichen Daten bringt zahlreiche Nutznießer in eine starke Position. Denn besonders Großkonzerne machen selbst vor der Kinderzimmertür nicht halt, wenn Sie die Chance auf mehr Profit wittern.

Bei den AGB einfach ein Häckchen – und unbekümmert weiter im Text. Im Alltag sind kleine Lügen an der Tagesordnung, und das ist allzu menschlich. Denn mit einem schnellen Abnicken und einem gespielten Verständnis lassen sich viele Probleme oberflächlich aus der Welt schaffen, ohne dass man sich mit dem eigentlichen Thema beschäftigen müsste.

Das zeigt sich auch beim Alltags-Surfen im Internet. „Wenige Klicks und schnelle Zielerreichung“ heißt die Devise beim täglichen Ritt durch die digitale Welt. Bestes Beispiel: Das unscheinbar kleine AGB-Häkchen. Schnell im kleinen Kästchen angehakt öffnet sich prombt der Weg zum gewünschten Ziel. Liest man hingegen erst durch, was man per Häkchen bestätigt, verlangsamt sich die Prozedur um wertvolle Surfzeit. Ein Versäumnis, das weitreichende Folgen haben kann.

Internetkonzerne wie Google, Apple, Facebook, Amazon & Co. sammeln weltweit unaufhörlich Daten und haben zwischenzeitlich ihre Geschäftsmodelle dazu so weit perfektioniert, dass sie aus diesen weitestgehend gratis generierten Informationen über ihre Nutzer im wahrsten Sinne Gold machen.

Wissen ist der wichtigste Mosaikstein zum wirtschaftlichen Erfolg!

Egal, ob man Google und Co. das allmähliche Anstreben der Weltherrschaft unterstellt, oder ob man nur daran glaubt, dass sie wirtschaftliche Interessen verfolgen: Die bisherigen Gewinne der Daten-Kraken lassen darauf schließen, dass es sich alleine schon wirtschaftlich lohnt, so fleißig Daten zu sammeln.

Googles Mutterkonzern »Alphabet Inc.« benennt für 2017 einen Gewinn von über 12,6 Mrd. US $. Facebook weist für denselben Zeitraum sogar einen Gewinn von knapp 16 Mrd. US $ aus – hauptsächlich erzielt durch Werbung und maßgeblich gefüttert mit unseren Daten: Von welchem Gerät aus surfen Sie im Internet?

Über WLAN? Mit welcher Netzstärke? Wo steht Ihr PC? Mit welcher Bildschirmgröße? Was suchen Sie im Netz? Wann? Wie oft? Wie lange? Machen Sie Internetbanking? Bei welcher Bank? Wie oft? Was posten Sie in sozialen Netzwerken? Wer sind Ihre Freunde? usw. Wer nichts zu verbergen hat, muss sich doch keine Sorgen machen! Lauter einzelne, scheinbar harmlose Fragen, die niemanden beunruhigen dürften, solange er sich nicht verdächtig oft an geheimen Militärbasen oder nachts um Juweliergeschäfte herumtreibt.

Am Ende entsteht ein genaues Profil

Zusammengenommen aber, über Wochen, Monate, Jahre betrachtet und algorhythmisch ausgewertet, wird daraus ein sehr konkretes Profil, das Dinge über Sie preisgibt, die Sie vielleicht doch nicht mit international operierenden US-Konzernen und deren Werbekunden teilen möchten. Personalisierte Werbung, wenn Sie nach Reisezielen in Süditalien gesucht oder Sportschuhe verglichen haben, mag ja noch zum Schmunzeln anregen. Wenn aber plötzlich Babymilch-Proben im Briefkasten sind, wo Sie selber vielleicht erst seit Kurzem wissen, dass Sie schwanger sind, und sonst noch niemand …? Was, wenn Daten des Fitnessarmbands oder über Kredit- und Bonuspunktkarten gesammelte Informationen über Ess- und Trinkgewohnheiten bei der Krankenkasse landen? Ihre Arbeitsmarktrecherche dem Personalchef auf den Schreibtisch flattert oder Ihr Fahrzeug demnächst Ihren Fahrstil 1:1 an die Kfz-Versicherung weiterleitet?

Nicht so schön? Aber alles legal. Abgesichert durch AGB, denen Sie zugestimmt haben, und Datenschutzrecht aus fernen Ländern, auf das deutsche Politiker und Gesetzgeber keinerlei Einfluss haben.

Bittere Wahrheit: das Internet hat ein untrügerisches Gedächtnis, das niemals etwas vergisst!

Eine Studie der Firma e-blocker schafft eine traurige Gewissheit: Auch Kinderzimmer sind im Visier aller professionellen Datensammler. Davon sind nicht einmal pädagogisch wertvolle Digitalinhalte ausgenommen – selbst wenn sie das Gütesiegel eines Ministeriums aufweisen oder von seriösen Institutionen gefördert wurden. Zum Teil sind sie hierfür mit 30 und mehr Webwanzen ausgestattet, die das Surfverhalten der Kinder tracken, um gezielt Werbung auszuspielen und Persönlichkeitsprofile zu erstellen, mit allem was dazu gehört: Alter, Geschlecht, Vorlieben, Entwicklungsstand, finanzieller Hintergrund, mögliche Lernschwächen, soziale Probleme ... Und das Fatale an der Sammelwut ist nun mal die Tatsache, dass das Internet nichts vergisst, was für Kids bedeutet, für viele kommende Dekaden überprüf- und lesbar zu bleiben.

Aufklärung und Sensibilisierung unserer Kinder über den Wert persönlicher Daten, über digitale Fußabdrücke und deren mögliche Folgen und über Möglichkeiten, sich zu schützen, müssen daher heute schon im Kindergarten beginnen. Und es fordert von den Erwachsenen, sich ebenfalls ernsthaft und konsequent mit dem Thema Datenschutz auseinanderzusetzen und nicht aus Bequemlichkeit hinzunehmen, was scheinbar unabwendbar ist.

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Hier bloggt die Redaktion Datenschutz & Datensicherheit des Verlags Mensch und Medien.