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Verwirrung um Namensschilder: Müssen Namen von Briefkästen verschwinden?

Die Umsetzung der DSGVO hat unlängst in Wien für ein Kuriosum gesorgt. Dort hatte sich eine Hausverwaltung mit der Beschwerde eines Mieters beschäftigt und daraufhin versucht, die DSGVO praktisch anzuwenden.

Konsequenz: Um dem Datenschutz zu genügen, sollten nach und nach an 220.000 Wohnungen der Gesellschaft die Namens-Klingelschilder gegen anonyme Nummern ausgetauscht werden. Die für den Datenschutz zuständige Verwaltungsabteilung der Stadt Wien hatte beschieden, dass Mieter, die ihren Namen am Klingelschild haben wollen, diesen selbst dort anbringen müssen. Eine namentliche Kennzeichnung durch die Hausmeister der Wohnungsbaugesellschaft sei ein Verstoß gegen die DSGVO.

Ein gefundenes Fressen für die Boulevard-Presse, natürlich auch in Deutschland. Entsprechend schloss sich auch der Immobilien-Eigentümerverband Haus & Grund in einer ersten Stellungnahme an: Die Empfehlung des Verbandes lautete, Türschilder auf jeden Fall vorsorglich zu entfernen, um so der Gefahr zu entgehen, mit hohen Bußgeldforderungen konfrontiert zu werden, weil ein Türschild die Persönlichkeitsrechte der Mieter verletze.

Man stelle sich vor, Türschilder würden künftig nur noch Nummern aufweisen – das würde einen Rattenschwanz an Konsequenzen nach sich ziehen, man denke nur an Post, Paketdienste und andere Zustell-Unternehmen. Diese müssten ihre Zustellprozesse von Grund auf umstellen.

Bundesdatenschutzbeauftragte beendet die Posse

Wenig später erfolgte die Reaktion der obersten Datenschützerin, der Bundesdatenschutzbeauftragten Andrea Voßhof, zur Klingelschild-Affäre: „Das Ausstatten der Klingelschilder mit Namen für sich genommen stellt weder eine automatisierte Verarbeitung noch eine tatsächliche oder beabsichtigte Speicherung in Dateisystemen dar", hieß es in einer offiziellen Erklärung unmissverständlich.

Allerdings sehen andere Datenschutzbeauftragte durchaus noch rechtlichen Klärungsbedarf. Denn natürlich ist die für alle Passanten zugängliche Klingelschild-information, wer hier in welcher Wohnung zu Hause ist, eine Preisgabe persönlicher Daten, wenn man es ganz genau nimmt. So könnte beispielsweise die Klage eines Mieters gegen den Vermieter, der ein solches Klingelschild ungefragt anbringt, Aussicht auf Erfolg haben. Schließlich sind Name und Adresse in der Tat persönliche Daten, die nicht jeder der Öffentlichkeit anvertrauen mag.

So rät beispielsweise die Berliner Datenschutzbehörde bei Neuvermietungen, dem Neumieter eine Wahlmöglichkeit zu offerieren – damit sei der Vermieter auf jeden Fall datenschutzrechtlich aus dem Schneider. Die Notwendigkeit einer Demontage von Millionen Namensschildern auf den Klingelanlagen sieht man allerdings auch in Berlin nicht.

Insgesamt wird von zahlreichen Datenschützern die „Klingelschild-Affäre“ als typischer Fall angesehen, mit dem gezielt Front gegen die DSGVO gemacht werde und mit dem Menschen verunsichert werden. Letztlich stelle die DSGVO einen Versuch dar, auch in Zeiten scheinbar unkontrollierter Digitalisierung die Rechte von Verbrauchern zu stärken – vor allem gegenüber digitalen Branchenriesen.

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Hier bloggt die Redaktion Datenschutz & Datensicherheit des Verlags Mensch und Medien.